Vertrauensvorschuss und eine rauchende Schlange

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Ramona: "Niemand versteht mich."
Juro: "Es gibt noch andere Leute, die aus der Unterweltgilde ausgestiegen sind."
Ramona: "Aber ich bin die einzige, die das überlebt hat!"
Juro (bricht in diabolisches Gelächter aus und zieht seine Laserwaffe): "Bis jetzt..."

So schön hätte es sein können, wenn wir nicht - ab nun offiziell - die inoffizielle "Weichei-Runde" wären mit "Ich rede jetzt über meine Gefühle"-Roland und "Ich kann Sie einfach nicht erschießen"-Juro...



Juro: Yeah es hat geklappt! Ich hab Ramona tatsächlich überrascht und zum Nachdenken gebracht. Sie sucht zwar immer noch den versteckten Haken, aber das kann mir egal sein, solange sie sich tatsächlich zusammenreißt und die Finger von Dämonen lässt. Ich bin echt froh dass, obwohl wir anscheinend in ähnlichenen Konstrukten aufgewachsen sind, ich noch einem Freund vertrauen kann. Schon arm, wenn man das gar nicht mehr zustande bringt ...

Dann haben wir auch noch den verdammten Mistkäfer von Dämon von Bord "geworfen". Der hatte sich nämlich in Ramonas Schlange versteckt und von dort aus versucht, mit Elektrokinese unser Sicherheitssystem anzugreifen. Das AHA-Team hat ihn allerdings entdeckt und aufgehalten, bis wir gemerkt hatten, was Sache ist. Die Schwester hat anfangs nur die Augen verdreht, als ich sie schon wieder bat, etwas zu segnen. Aber als die Schlange anfing zu rauchen, als sie mit dem Weihwasser in Berührung kam, war sie echt irritiert. Hm, das ist vielleicht das falsche Wort. Sie war entsetzt. Interessanterweise hat es mich relativ kalt gelassen. Eine identifizierte Bedrohung, gegen die man erfolgreich vorgehen kann, ist doch halb so wild. Das Grausen kommt wahrscheinlich wieder, wenn wir im Chaos sind. Zaishen wollte gleich nach der Sache auf den Planeten, um sich mit einem ihrer Oberen zu beraten. Das konnte ich gerade noch verhindern, indem ich eine Nachmittagspredigt vorgeschlagen habe. Ich glaube nicht, dass es viele andere optimistische und gutherzige Geistliche wie die Schwester gibt, die uns den Versuch erlauben, Ramona zu retten.

Der Gottesdienst war furchtbar. Ich habe noch nie erlebt, dass Zaishen dabei so durcheinander gewesen wäre, wie heute. Sonst stolpert sie nie, auch wenn sie das außerhalb der Kirche wirklich häufig tut. Die Sache lief ganz aus dem Ruder, als auch noch der Professor sich einmischte und ihr erst vorwarf, den Choral falsch zu singen, dann das Mikro aus der Hand nahm und tatsächlich losstarten wollte. Roland hat als erster reagiert und ihn quasi von der Kanzel gezerrt. Der Gottesdienst hat sich dann schnell aufgelöst und jede Menge irritierter Menschen hinterlassen. Genau das, was man mit einem Dämonenproblem an Bord brauchen kann. Ich habe ziemlich lange gebraucht, um Zaishen einigermaßen zu trösten und ihr zu versichern, dass sie genau die richtige Priesterin für uns ist. Ariane hat mir geholfen, ein Geschenk für sie auszusuchen, vielleicht hilft das auch, sie wieder aufzubauen.


Roland:

Was hat Juro heute eigentlich geraucht? Er muss mit Ramona ziemlich offen und ruhig gesprochen und sie damit total verblüfft haben, und als wir uns im Kommandobunker trafen, war er so optimistisch. Meinte nur: Wenn du dir sicher bist, lasse ich sie raus. Kam mir vor wie vertauschte Rollen: Ich hatte die ganzen Bedenken, ob wir Ramona einfach rumlaufen lassen können, ob ihre PSI-Kräfte gefährlicher geworden sind und so weiter. Ich musste erst mal selbst mit ihr reden, bevor ich irgendwas sagen konnte. Aber das Scheißt-Ultimatum ist wenigstens vom Tisch!

Es ist und bleibt ein Risiko - Ramona ist immer noch nicht restlos überzeugt, dass der Dämon böse ist. Wir haben ihr noch nichts von der Schlange erzählt (armes Viech und meine arme Geldbörse - wenn ich Ramona eine elektronische Schlange geschenkt hätte, wär das anders gelaufen - aber ich bin froh, dass der Dämon jetzt erst mal sicher zurück ins Chaos geschleudert wurde und mir nicht mehr in meinen Träumen auflauern kann). Aber Ramona sieht selbst ein, dass sie eine Gefahr ist, oder eher: Sie hat tatsächlich einmal unsere Sichtweise eingenommen und meinte: Ihr seid wahnsinnig! Wie könnt ihr nur dran denken, mich rauszulassen? Sie glaubt immer, dass irgendwo ein fieser Plan dahinter steckt, bei Juro eh und bei mir? Ich habe gesagt, der Haken ist, dass sie sich dieses Vertrauensvorschusses würdig erweisen muss und sie alle scharf beobachten werden. Jetzt muss sie noch in Absprache mit der Schwester vor allen Mitwissern öffentlich dem Dämon abschwören. Dann ist sie wieder im Quartier nebenan - und wie geht es mit uns weiter? Ich wollte sie so gerne küssen und sagen, dass jetzt alles gut wird - aber ich weiß es ja selbst nicht, ob sie es durchhält.

Nach einem ordentlichen Katerfrühstück von Xandra (die Frau kann Gedanken lesen!) hab ich erst mal alles getan, um das Gespräch mit Ramona rauszuschieben. Stahlaxt ist an Bord gekommen und auch Dr. Bonasiera. Ich glaub, mit dem hatte ich nur einen schlechten Start, er ist eigentlich ganz nett und hat schon in der Schule mit den Kids ausgeholfen - das heißt, mit Juros Jahrgang! Ob der Herr Sicherheitschef auch mal ein paar Stunden Chemie nehmen sollte? Hab mich bei Jack entschuldigt, weil ich Saufen war, statt zur Beerdigung zu gehen. Er hat zu meiner Überraschung eine Lanze für Professor Becker gebrochen: Er würde ein schlechtes Gewissen haben, den netten alten Herrn hierzulassen. Dabei belegt der alle Sicherheitsleute mit Beschlag und nennt Jack seinen "Stuart" oder "Assistenten".

Auch wenn Becker Ahnung von Tox hat, ist der Mann doch so senil, dass er glatt die Nachmittagsandacht von Schwester Zaishen gesprengt hat, weil er der jungen Frau zeigen wollte, wie man den Psalm richtig singt. Die arme Schwester war sowieso total konfus von ihrer ersten richtigen Dämonenbegegnung, da hab ich den Prof schnell wieder von der Bühne geholt. Jetzt mag er mich nicht mehr, aber damit kann ich leben. Juro musste die arme Zaishen trösten! Es ist wichtig, dass sie die Nerven und ihr freundliches Wesen behält. Wenn sie bisher alles, was ich und Ramona gesagt haben, nur auf der theoretischen Ebene ernst genommen hat, wird sie künftig vielleicht nicht mehr so tolerant sein...

Juro hat noch etwas sehr Sinniges und Kluges gesagt heute (ich sag ja: Wer ist sein Dealer?): Als ich nicht wusste, ob ich zu Beckers angekündigter "Vorlesung" über Aliens gehen soll, weil mich das so an Agnes und Leopold erinnert, meinte Juro: "Deine Eltern sind nicht da, mach, was du willst!" Da habe ich nie drüber nachgedacht: All die Jahre war ich damit beschäftigt, das Gegenteil von dem zu tun, was die beiden für mich geplant hatten. Aber auf diese Weise bestimmen sie immer noch über mein Leben. Damit ist jetzt Schluss!



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