Kreißsaal unter Strom

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Juro auf Rolands Andeutungen: "Meinst du, es ist Zeit, mehr Leute in die Paladin-Sache einzuweihen?"
SL: "Wenn man bei jeder Rettungsmission 20 Getreue opfern muss, solltet ihr langsam mal damit anfangen."

Juro überlegt, ob er Achmed Bescheid stoßen kann in Bezug auf Nyx. Roland: "Ich würde trotzdem nicht ausschließen, dass dich die Adeligen in einem Wutanfall umbringen können."
SL: "Achmed! Lass den Scheiß! Das ist jetzt schon der zweite Paladin, den du killst!"

Mina will ein Gerät bauen, das Juros Ego dämpft: "Bedenke, dass du ein Sterblicher bist!"
Juro: "Och nee, das ist zu depremierend - und wahrscheinlich auch nicht wahr."

Nicht-Weichei-Dornfuß, nachdem ihn Roland und Juro aufgeweckt haben: "Ah, ihr habt mir ein Neugeborenes als Opfer vorbereitet!"

Juro:

Die Trümmerteile im Asteroidenfeld stammten von etwa 26 Schiffen, die dort vor circa 1000 Jahren zerstört wurden. Sind wohl aus dem Chaos mitten ins Feld gesprungen – da hatten die Schilde keine Chance. Hat ne Menge Leute das Leben gekostet. Darf man gar nicht genauer drüber nachdenken. Wir sind mit den Spinnen und einigen Mann rüber gesprungen. Rosamunde war sehr froh darüber, dem engen Frachtraum zu entkommen. Für uns auch mal ne gute Übung, dieser Außeneinsatz in der Schwerelosigkeit. Die mumifizierten Überreste der Crew-Mitglieder waren etwas gruselig, aber ansonsten wartete auf der „Sharknado“ tatsächlich ein gefülltes Frachtsegment auf uns! Die Wette über den Inhalt hat keiner gewonnen, doch profitieren werden wir alle davon – wenn wir irgendwann mal genug Leute mit genug Kompetenz haben, um den Orbitallift samt dazugehöriger Raumstation aufzubauen.

Zurück auf Nova Arctica haben wir die Flüchtlinge schnell ins System integriert. Genug Platz ist ja da. Olga und Petar waren plötzlich doch ziemlich eingeschüchtert von mir, nachdem sie mit Jelena, Tasha und Miroslav gesprochen hatten. Gegen ein bisschen Respekt hab ich nichts einzuwenden, ich hoffe nur, dass sich auf Dauer ein für uns alle angenehmes Level im Umgang miteinander einspielen wird.

Ramonas Wehen hatten in der Zwischenzeit nicht wieder eingesetzt. Emmanuelle hat sich gewundert, meinte aber das wäre kein Grund zur Sorge. Sie würde sie einfach künstlich einleiten und Ramona könnte so die normale Geburt bekommen, die sie wollte. Ramona und in den Wehen liegen? Ramona und Natur? Roland war wohl noch überraschter als ich über diese neuen Gedanken, aber vielleicht war das ja tatsächlich ein Schritt hin zu einer positiven Entwicklung. Dass sich Ramona ein Kinderzimmer einrichten hat lassen, hat Roland nicht so ganz gefallen. Er konnte aber besser mit dem Gedanken umgehen, als wie vor einigen Wochen. Immerhin kann ich mich noch erinnern, dass er am Anfang ihrer Schwangerschaft gehofft hatte, die Mutterschaft würde Ramona normalisieren. Sein Wunsch könnte in Erfüllung gehen. Doch der Weg bis zu Anouks Geburt war um einiges steiniger und chaotischer als wir es uns vorgestellt hatten …

Sobald die Wehen eingesetzt hatten, richtete ich mich neben Roland im Raum nebenan ein. Ist immerhin ne gute alte Trémaly Tradition, den werdenden Vater moralisch zu unterstützen und ein bisschen von den Schreien abzulenken. Die Geburt war wohl keine einfache Angelegenheit, insofern zog sich alles ziemlich hin. Na, in meiner Rüstung kann ich gleichzeitig mit Leuten telefonieren und Browsergames spielen, also alles bestens. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem Emmanuelle meinte, wir sollen und keine Sorgen machen, das Kind würde sich schon noch rechtzeitig drehen. Aha. Keine Ahnung warum, aber bei so einem Spruch läuten immer meine Alarmglocken. Bin also erst recht dageblieben. Roland und ich waren zwischendurch gerade am Wegnicken, als uns der Sicherheitsalarm beide hochschrecken ließ. Alarm in der Krankenstation! Elektrokinetischer Angriff! Ich weiß nicht mehr, wer von uns die Tür zum Kreißsaal aufgerissen hat, der Blick hindurch schockierte uns beide: Ramona in nicht mehr bewusster Agonie, die Lampen tot, die zuckenden Blitze elektrischer Entladungen erhellen den Raum, zwei Schwestern und die Ärztin leblos am Boden. Während ich noch die Situation verarbeitete, war Roland schon in den Raum gehechtet und versuchte Emmanuelle nach draußen zu ziehen. Eine ziemlich lebensgefährliche Sache – ohne Rüstung! Zum Glück ist Roland hart im Nehmen, er hat einiges abgekriegt, Die beiden Schwestern konnte ich gut bergen, doch als ich Ramona berührte, um sie irgendwie wieder zu Bewusstsein zu bringen, hats mich dann doch erwischt. Dank meiner guten Rüstung war ich nur kurz bewusstlos. Roland hatte echte Hemmungen, Ramona außer Gefecht zu setzen, weil sie ja noch immer mitten im Geburtsvorgang steckte. Eine andere nicht tödliche Lösung hatten wir aber beide nicht in petto. Bridget hat die ganze Elektrokinese dann mit einer Ladung Betäubingsmittel und einem Blasrohr beendet. Einem Blasrohr! Meine Güte, was die Frau alles mit sich rumträgt … Doch damit waren die Probleme ja noch nicht vorbei! Wie Anouk auf die Welt holen, wenn die Ärztin bewusstlos und Roland ziemlich lädiert … Er versuchte sein Bestes, um einen Kaiserschnitt vorzubereiten. Ich hab ihm eher als Notlösung vorgeschlagen, die Kleine mit Psi aus dem Mutterleib zu holen. Aber nur wenn die OP anfangen würde, schief zu gehen. Er sah mich entgeistert an und schrie, wie ich auf die Idee komme, er wüsste wie ein Kaiserschnitt gehen würde und ich solle tun was ich könne und zwar sofort! Da hielt ich es für keine gute Idee mehr, noch über eventuelle Risiken meines Vorschlags nachzudenken oder sie gar zu äußern und begann mich zu konzentrieren. Ich versuchte es nicht. Ich tat es. Ich konnte das kleine Wesen mit ESP fühlen. Ich konnte es wahrnehmen und dann …. Dann hielt ich es in meinen Händen. Urplötzlich. Einfach so. Ich habe noch nie ein solches Staunen empfunden, wie über dieses Baby in meinem Arm. Erst jetzt setzte ein innerliches Zittern ein. Den Rest übernahm glücklicherweise Roland. Und ja, ich bin Anouks Taufpate! Mann war ich bei der ganzen Zeremonie gerührt. Wir hatten sogar gewartet, bis Ramona wieder wach war. Auch diese Sache hat sie überlebt. Die Frau ist zäh! Nur ihre Elektrokinese ist weg. Verschwunden. Ausgepowert? Exorziert? Ist mir egal, Hauptsache ein weiterer Schritt hin zu einem dämonenfreien Leben.

Beim Einen, ich will auch Kinder!

Roland:

Was für ein wundervoller Moment, als Juro da stand in seiner verschmorten, verschobenen Rüstung und mit einem seeligen Lächeln dieses kleine, perfekte Wesen im Arm hielt. Freund, Bruder, Paladin - ich kann ihn gar nicht oft genug umarmen für das, was er für meine Tochter getan hat. Die Ordnung hat ihm eine Kraft verliehen, mit der er wahrhaftig Leben retten kann. Meine Güte, vielleicht hätte ich den Kaiserschnitt auch hingekriegt, aber ich habe es nur einmal bisher gesehen - bei Pferden, verdammt noch mal! Und die Vorstellung, das allein durchziehen zu müssen, während Ramona eh schon innere Blutungen hat und mein Herz in den Nachwirkungen der Stromschläge stotterte... Ja, es war nicht die klügste Entscheidung, mich ohne Rüstung in den Raum zu stürzen, in dem die Blitze zuckten, aber manchmal setzt es bei mir einfach aus. Ich schrie nur ihren Namen, aber nichts drang zu Ramona durch in ihrem Schmerz. Was bin ich für ein Idiot, dass ich nicht gleich auf Kaiserschnitt bestand, aber dass Ramona eine natürliche Geburt wünschte, schien ein Teil ihres... Heilungsprozesses? hoffen wirs! - zu sein. Emanuelle tot, Meredith tot - zum Glück nur kurzzeitig, ich konnte sie wiederbeleben - Juro am Boden, ebenso die Sicherheitsleute, die ihn rausziehen wollten... Einen schrecklichen Moment lang dachte ich, ich werde sie beide verlieren. Dass es keine andere Möglichkeit gibt, als Ramona, die völlig außer Kontrolle war, zu erschießen. Schon die Betäubung war in diesem Stadium der Geburt äußerst riskant.

Aber Anouk lebt, Juro sei Dank, und ist auf wundersame Weise völlig unversehrt. Na ja, fast völlig - doch ist die Blindheit offenbar in den Genen von Ramonas Familie angelegt. Ihr einer Sohn hatte sie auch, sagte sie. Ja, sie spricht. Sie spricht von der Familie, die sie verloren hat. Sie spricht mit Menschen, sie kümmert sich rührend um die Kleine, sie hat mehr Ahnung als ich, was das betrifft. Sie ruft sogar an und fragt, ob wir zu dritt im Aboretrum spazierengehen wollen. Gleichzeitig sagt sie nichts gegen unsere Aufteilung, dass Anouk drei Tage bei ihr ist und drei bei mir, obwohl es ihr nicht gefällt. Ich möchte ihr nicht die Möglichkeit nehmen, endlich wieder einen Bezug zum Leben zu bekommen, endlich wieder zu lieben - aber ich werde auch nicht davon abrücken, dass ich ein eigenes Leben habe und sie nur ein Randteil davon ist. Es ist schon schwierig genug, dass Xandra mein Quartier meidet, wenn die Kleine bei mir ist. Nicht, weil sie Anouk nicht mag, sondern weil sie Ramona aus dem Weg gehen will, der ich eingeräumt habe, ihrer Tochter einen Gute-Nacht-Kuss zu geben. Ehrlich gesagt läuft es so gut, dass ich schon fast misstrauisch bin. Ein Kind und bumms, Ramona ist ein neuer Mensch? Kann es so einfach sein?

Dabei haben wir noch ein Weilchen gewartet, bis wir Ramona wieder aus dem künstlichen Koma holten. Wie viel hatte sie bewusst mitbekommen? Würde sie sich wieder unter Kontrolle haben? Also haben wir einen Raum und uns selbst abgeschirmt. Und ihre erste Frage galt Anouk, die allererste. Sie wollte gar nichts hören, gar keine Fragen beantworten, nur bei ihrer Tochter sein. Klar ist Ramona ein gute Schauspielerin, aber ihre Verblüffung, als Juro von ihr einen Elektrokinese-Test forderte, schien echt: Die Kräfte sind komplett verschwunden. Heißt das, die Verbindung zum Dämon ist endgültig gekappt? Anouk hat dafür eine psionische Begabung. Juro findet das spannend, ich könnte darauf verzichten - was, wenn sie so mächtig wird, dass sie die Aufmerksamkeit von Höheren erregt? Ob Menschen oder Dämonen, niemand soll es wagen, mir meine Tochter wegzunehmen! Zwar genieße ich durchaus die Nächte, in denen die Süße bei Ramona ist und ich durchschlafen kann. Tausendmal am Tag muss ich Anouk umziehen und mich gleich dazu, wenn sie in der Gegend rumsabbert, und der Geruch von vollen Windeln geht mir kaum aus der Nase - aber ich kann gar nicht genug davon kriegen, wie dieses Kind die Welt - tja, nicht betrachtet, wahrnimmt, aufsaugt! Wie sie in Aorakis Fell herumtastet, wie sie den Mund aufsperrt vor Überraschung, wenn sie eine neue Orchideensorte riecht... Ich hoffe wirklich, Lilo hat recht und sie wird das Sehen nie wirklich vermissen.

Es ist so schön, wie alle meine Leute Anteil nehmen, Anouk verhätscheln, mit ihr spielen... Tina, die Zaishen als Babysitterin ausgesucht hat, ist ein wahrer Engel. Und natürlich Juro, ihr Pate. Wenn ich ihn mir so ansehe, wie er sie wiegt, sie füttert, da denke ich mir, er wird selbst mal ein toller Vater. Müssten die GUs nicht langsam mal schwanger sein? Die Sicherheit hat zur Taufe für ein Sparbuch zusammengelegt, Sandrose ein Taufkleidchen genäht... Anouk Elaine Beagle. Hach! Ja, das ist mein Zuhause. "Ab nach Hause", sagte Juro, nachdem wir uns den Trümmerfrachter angesehen hatten - und er hat so recht! Endlich, endlich habe ich das, was ich immer haben wollte, ohne es zu wissen. Dafür musste ich nur die Verantwortung über eine Expedition aufgedrückt bekommen, die schlimmsten Chaosreisen aller Zeiten überleben, mit einer Dämonenpaktiererin ein Kind zeugen... und den Paladin finden. Das Leben ist so schön.


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