Schnitzeljagd, Brahimzucht und Drei gegen das Chaos

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Juro schaut sich im Atomwaffen-Container um, fragt den SL: "Sehe ich irgendwelche Hinweise auf unauthorisierte Personen oder Dämonen?"
SL: "Nein, da hat niemand ein Nest gebaut oder Nüsse verstreut."

Juro, als er mit Talon und Roland am Rande der Wüste festsitzt, umgeben von lauter trockenen, abgestorbenen Bäumen, und es langsam Nacht wird: "Wollen wir Feuer machen? Haben wir irgendwo Autoreifen?"

Juro, mit Blick auf die Daten des imperialen Geheimdienstes: "Roland, wenn wir deine Eltern umbringen wollen, müssen wir das heimlich machen."
Roland: "Okay."

SL zu Roland: "Deshalb sind die immer noch hinter dir her. Der imperiale Ge-heim-dienst, um dich heim zu holen, heim ins Reich."

Emanuel zu Juro, als er nach dem Chaos-Kampf aufwacht: "Ein paar einfache Tests, Sir: Wie heißen Sie?"
Juro fängt an zu lachen. "Nicht schon wieder... Juro Smith."
"Ihr Rang?"
Andrea brüllt aus dem Off: "Ja, sag es, sag es!" (in Erinnerung an Seelenfresser)
Juro betont deutlich: "Mi-liz-leut-nant."


Roland:

Es ist unmöglich, sich nicht anstecken zu lassen von der Euphorie, die die ganze Ährengarde ergriffen hat: Wir sind dem tödlichen Griff des Chaos (im wahrsten Sinne des Wortes!) entkommen, Juro, Schwester Zaishen und Miss Arachne haben ihre Heldentat entgegen aller Wahrscheinlichkeit überlebt und sind bei klarem Verstand - na ja, so weit man das von Juro halt sagen kann - und wir sind endlich, endlich in unserem Zielsystem angekommen. Mir kommt es vor, als wären sechs Jahre vergangen und nicht sechs Monate, seit wir von Surel II abgeflogen sind. Es ist zu viel passiert und wir haben uns alle wahnsinnig verändert! Jetzt sind es noch etwa zwei Wochen, bis wir bei unserem Riesenalien-Asteoriden ankommen, aber die Aussicht, auf einem lebendigen Wesen eine Siedlung aufzubauen, erschreckt mich nicht mehr annährend so sehr wie vor ein paar Tagen. Uxams Simulationen sind alle miteinander nicht sehr ermutigend, sollte das Vieh beschließen, die Flöhe abzuschütteln, aber die Aussichten waren ja nie besonders rosig. Wir können einfach nur immer weitermachen, und gerade sind alle meine Leute sehr motiviert, ihr Leben in die Hand zu nehmen.

Das ist ansteckend. Aber trotzdem ist unterschwellig immer noch alles da: Hass, Verzweiflung, Wut und Ohnmachtsgefühl, Scham... Mir kommt alles etwas unwirklich vor, dabei sollte ich gerade jetzt voll auf meine Aufgabe konzentriert sein. Aber ein Teil von mir will alles nur so schnell wie möglich hinter mich bringen, diesen Scheiß-Raumhafen bauen und dann das nächste Schiff in Richtung Hinterwald nehmen. Und was dann? Ich habe nicht den blassesten Schimmer, was ich ausrichten soll, wenn meine Mutter für ihre unsagbar scheußlichen Experimente den ganzen imperalen Geheimdienst hinter sich stehen hat. Käptn Agnes Beagle! Als die GU das laut aussprach...

Der Dämon wollte mich vor einer Falle warnen, aber das war für mich natürlich ein Grund mehr, mich dafür auszusprechen, dem imperialen Raumtransporter, der manövrierunfähig im Chaos trieb, zur Hilfe zu kommen. Der Spinnenreister-Legat war zwar dagegen, aber Eric wurde richtig wütend bei dem Gedanken, wir könnten das Notsignal schlicht ignorieren. Juro, Bridget und ich schlossen uns dem Außenteam an und ich begnügte mich mit dem Hinweis, dass es schon ein verdammt großer Zufall wäre, ausgerechnet hier einem Schiff zu begegnen, das von oder auf dem Weg nach Hinterwald war. Von meinem nächtlichen Besuch darf natürlich niemand wissen außer Ramona, Juro und Zaishen. Aber mir klopfte das Herz bis zum Hals: War das Sandroses Familie, die ich nach Hinterwald hatte schicken wollen? Aber warum ein imperiales Schiff? Was hat das mit dem Arsch des Universums zu tun, den ich meine Heimat nenne? Plötzlich stapften auch noch Achmed und Ali in die Schleuse und rissen das Kommando an sich. Ich fand das eher beruhigend. Die beiden sind zwar durchgeknallte Schießwütige, aber sie kommen nicht auf die Idee, aus Spaß ein paar harmlose Tox abzuballern. Was sich uns aber in den Weg stellte waren Brahim - oder so sah es zumindest aus. Wir arbeiteten uns mit unserem Trupp vor, um nach Überlebenden zu suchen, und wurden vereinzelt von diesen Facettenaugen-Viechern angegriffen. Etwas schien jedoch merkwürdig: Sie waren nicht dämonisch korrumpiert, aber offenbar wahnsinnig genug, mit bloßen Krallen auf uns los zu gehen. Und dafür, dass wir so schlimme Geschichten über Brahim-Invasionen gehört hatten, hielten sie erstaunlich wenig aus... Ich untersuchte eine Leiche und stellte fest: In ihren Gehirnen waren Sprengsätze installiert, sie waren kompliziert vercybert und offenbar lebendige Überwachungskameras... War das die Falle? Sollten wir tote Brahim über das ganze Schiff verstreuen, bis ein Dämon das Knöpfchen drückte und wir alle samt Schiff explodierten?

Wenn es nur das gewesen wäre! Doch die nächste Untersuchung und die Hacker-Fähigkeitn von Juros GU-Freundin brachte etwas ganz anderes zutage: Die Brahim waren in Wirklichkeit Tox, die durch Genmanipulation verändert und in Brahim-Spione verwandelt worden waren. Die zweite von fünf Lieferungen an den imperialen Geheimdienst ist im Chaos stecken geblieben und die 54 "Frachtstücke" haben sich aus den Reg-Tanks befreit. 270 arme Tox, den Brahim zum Fraß vorgeworfen. Vielleicht hatte ich die, die ich gerade erschossen hatte, persönlich gekannt! Denn der Lieferschein war von niemand anderem unterschrieben als von Agnes. Ich wollte in diesem Moment nur den ganzen verdammten Kahn auseinandernehmen! Zurück auf der Full Moon Rising stürmte ich ins Krankenquartier, wo sich Professor Becker auf mögliche Tox-Überlebende vorbereitete, schnappt den alten Sack und verbarrikadierte mich mit ihm zum Verhör. Was hatte er mir verschwiegen? Die ganze Zeit zetert er rum über meine bösen Eltern, aber das ist nur sein dämlicher verletzter Wissenschaftlerstolz, und getan hat er kein Stück, um zu verhindern, was auf Hinterwald geschieht, seit Jahren! Er blubberte nur rum, ich sollte die Doktorarbeit meiner Mutte gefälligst selbst lesen - anscheinend das einzige, worauf der seine Abneigung stützte. Also zeigte ich ihm die Aufzeichnungen. Er glaubt, er hasst meine Mutter? Er hat keine Ahnung, was in mir vorgeht! Vielleicht hab ich ein bisschen gehofft, ihn endlich als Verbündeten zu gewinnen, aber ich hab sein Alter vergessen. 102 Jahre und solche Scheußlichkeiten der ehemaligen Doktorantin zu lesen - da kippte Becker erst mal mit einem Herzinfarkt aus den Latschen.

Wir behalten die Daten ansonsten erst mal für uns. Kallyria hat recht, dass der Geheimdienst für diese Monströsität möglichst wenig Mitwisser haben will. Aber das schlimmste ist: Alle halten das für eine großartige Idee. Der Zweck heiligt die Mittel. Endlich hat jemand - meine Mutter - eine Möglichkeit gefunden, den Mimikri-Effekt der Alienrassen auszunutzen, um mehr über unsere Feinde zu erfahren. Ich saß danach erst mal in voller Rüstung in der Kirche und versuchte zu beten. Für die armen Tox-Seelen, die wir in die Luft gesprengt haben, für meine Familie, die noch auf Hinterwald in den Fängen dieser Unmenschen ist. Aber es ging zu viel in meinem Kopf verquer. Was hätte ich ahnen können? Wie konnte ich mit 14 nur so ignorant und blind sein? Oh, ich will meine Eltern töten, und das hat nichts mit einem trotzigen Teenager-Verhalten zu tun. Ich muss sie stoppen, aber es wird niemanden geben, der mir hilft... Ich versuchte zu beten, aber die Hilfe kam letztlich in Form eines Menschen. Xandra ließ sich im Gegensatz zu Juro und Ramona von meiner Wordkargheit nicht abschrecken und entlockte mir nach und nach alles. Mein Geschluchze über "Meine Mutter bringt meine Familie um" verwirrte sie natürlich, also erzählte ich ihr die ganze Story. Ramona mag die Frau sein, die ich liebe - aber Xandra ist die Frau, der ich vertrauen kann. Sie war so süß! Ging ganz ernsthaft mit mir die Optionen durch, die Full Moon Rising mit Isis' Hilfe zu kapern und wenisgtens einen Teil der Tox von Hinterwald zu evakuieren - als ob es wirklich eine Möglichkeit wäre! Sie meint, ich kann Becker vergessen, er ist zu verkalkt, um seine Meinung von mir zu ändern - Xandra hat's natürlich freundlicher ausgedrückt - und ich soll froh sen, dass er meine Eltern genauso wenig leiden mag wie ich. Er hat Agnes durchfallen lassen. Na toll! Wenn die Menschheit solche Mittel anwendet, um zu überleben, haben wir es nicht verdient, zu überleben, hab ich zu ihr gesagt. Aber sie hat mich an all die Menschen erinnert, die sich hier auf diesem Schiff auf mich verlassen und daran, dass wir auf dem neuen Planeten mehr Möglichkeiten haben, etwas zu verändern, als irgendwer sonst. Ach, Xandra, du bist eine kluge Frau. Aber ich bin nicht immer klug - mein Herz am wenigsten.

So ist mein Alptraum, unschuldige Tox abzuknallen, in gewisser Hinsicht wahr geworden. Kein Wunder, dass ich nicht in mein Quartier und mich dem Dämon stellen wollte. Der hat mir schon zuvor mit dieser Scheiß-Schnitzeljagd alles vorgehalten, was ich fürchte. Plötzlich war nämlich Ramona verschwunden! Wir folgten einer bizarren Spur von Rätseln und Hinweisen bis zu einer Rettungskapsel, durch die Juro plötzlich in die Dunkelheit gesaugt wurde und ebenfalls verschwand. Talon, der arme Kerl, den ich zum Test ein Gewicht am Seil halten ließ, gleich hinterher. Also rüstete ich mich ebenfalls aus, um mich selbst ins Unbekannte zu stürzen. Was für ein Chaos-Effekt! Wir landeten an einem wunderschönen Wasserfall, alle modernen Waffen und Rüstungen versagten und wir waren allein auf uns, meine Machete, Beil und Talons Kurzschwert angewiesen. Ich hab schon fast vergessen, wie man sich in der Wildnis zurecht findet, aber es gelang mir, die beiden Stadtmenschen auf der Spur eines dreibeinigen Kamels zur Wüste zu führen und ohne Hilfsmittel Feuer zu machen. Überall diese seltsamen Hinweise: Statt einer Sonne ging der Schriftzug "Eine Seefahrt, die ist lustig" am Horizont auf, und als nächstes flüchteten wir mit drei Segelbooten vor einem herannahenden Sandsturm! Hütegreife, die plötzlich unter uns verschwinden und ein Fall, der nur deshalb sanft endete, weil mir rechtzeitig eingefallen war, dass der Name von Ramonas Begleiterin, den wir laut rufen sollten, natürlich der von unserer ungeborenen Tochter Anouk Elaine war... Dann dieser alberne Opferaltar, auf dem die Tox Ramona darbringen wollten, um die felllosen Aliens - Menschen - abzuwehren, die ihre Welt zu überrennen drohen. Tote Tox, überall - und dann der Alptraum vorbei, wir zurück auf dem Schiff, keine 30 Sekunden vergangen, Ramona wohlauf... Zaishen hat etwas sehr ermutigendes gesagt: Auch wenn der Dämon die Manifestation meiner Ängste ist, schafft mein Gehirn gleichzeitig die Lösungsstrategien mit dem, was ich am besten kann - und wenn es Spurenlesen ist...

Die Schwester! Manchmal kann diese nette, tollpatschige Frau sehr beängstigend sein. Sie hat ihr Quartier so ausgerüstet, dass wir sie leicht von außen töten können, für den Fall, dass sie im Chaos als mächtige Psionikerin besessen wird. Und fast hätten wir das diesmal gebraucht! Dagegen war der Chaos-Effekt, der unsere Atomsprengköpfe nach und nach in Eisen verwandelte, noch harmlos - wobei ich mich wieder frage, ist das Zufall, dass er sich gegen die Waffe richtet, die uns bei der Chaos-Rigg das Leben gerettet hat? Kurz vor unserem Ziel legte sich das Chaos nochmal richtig ins Zeug, um uns im wörtlichen Sinne zu zerquetschen. Ich habe es erst nicht so ganz ernst genommen- lag vielleicht an Walts Tee - und gedacht, es wird schon irgendwann aufghören, so wie das Wasser irgendwann wieder flüssig wurde. Zum Glück hat niemand in Erwägung gezogen, der dämonischen Forderung, Ramona auszuliefern, nachzugeben. Der Käptn und die Spinnenreiter können ja nicht mal wissen, dass wir einen guten Verdacht hatten, wer von unseren Ramonas gemeint war... Aber dann verließ Zaishen plötzlich entschlossenen Schrittes die Kirche, und als nächstes kommen Juro und Kallyria ungerüstet und unbewaffnet durch die Tür, um sich zu verabschieden: die drei wollten sich allein dem Chaos entgegenstellen, die Schwester mit ihrer Macht, Juro mit seinem ESP als Wegbereiter und die Spinnenreiterin mit ihrer Telepathie als Brücke zwischen ihnen... Es ging alles zu schnell, kaum konnte ich Juro umarmen mit dieser Scheiß-Rüstung, da waren sie schon in Zaishens Quartier und Erwin verlangte von mir den Sicherheitscode, um die Kammer notfalls mit Plasma zu fluten, sollten die drei korrumpiert werden. Größer war die Gefahr, dass sie einfach von der Macht der Schwester zerquetscht würden...

Keine Ahnung, was Juro da durchgemacht hat. Ich habe sie am Ende nur wiederbelebt, in die Krankenstation bringen lassen und ihnen Gesellschaft geleistet, bis sie nach der Behandlung des Spinnenreiter-Vitakineten (absolut stark!) wieder aufwachten. Die Schwester begann gleich wieder mit ihrem Job. Kallyria zog morgenmuffelig ab, Juro war verwirrt und zitterte, aber der Schock schien nicht allzu stark. Er hat jetzt eine neue PSI-Kraft, eine, die noch niemand kennt. Ich musste ihm das erst auf Video zeigen, bevor er mir überhaupt geglaubt hat: Statt den Salzstreuer in die Hand zu nehmen, hat er ihn in seiner Hand erscheinen lassen. Aber wenn das alles ist, was zurückbleibt... Ich hatte so Angst. Ich will ihn nicht verlieren. Bridget hätte an seiner Stelle stehen können. Aber genauso wie ich lieber selbst Ramona nachgesprungen bin in die Chaos-Wildnis, genauso stand das für ihn nicht zur Debatte. Was hätte ich sagen sollen? Isis hat ihn schon genug ausgeschimpft, die Niedliche. Alle anderen wissen nur, dass Juro sein Leben für sie riskiert und es mit dem Chaos selbst aufgenommen hat. Und dass ich währenddessen den Laden gemanagt habe. Unser Ansehen ist wieder gewachsen. Irgendein Spinnenreiter-Telekinet hat angeblich irgendne Prophezeihung gemacht, die uns betreffen könnte, aber von der natürlich keiner weiß, was sie wirklich bedeutet. Ob es mir gelingt, eines Tages so mächtige Freunde zu machen, dass ich Agnes` Treiben ein Ende setzen kann? Aber wenn Hinterwald der Arsch des Universums ist, ist der Eisklotz die Warze am hintersten kleinen Zeh... Aber was hilft Fluchen und Heulen? Ich kann nur immer einen Schritt nach dem anderen tun.

Juro:

Das Chaos schien wohl der Meinung zu sein, es würde uns zu gut gehen. Also hat es sich was Neues ausgedacht und damit begonnen, unsere Atom-Raketen unschädlich zu machen. Ein Prozess, der selbst wenn man das Chaos verlässt, nicht mehr rückgängig zu machen ist. Arschig, nicht? Viel tun konnte man nicht dagegen, also habe ich mich weiter mit meinen üblichen Pflichten beschäftigt (Erwin hat so eine „bestimmte“ Art, mir Fachliteratur zu empfehlen. Wenn ich mal Zeit zum Lesen finden würde. Jaja, schon verstanden …) und außerdem mein Quartier etwas wohnlicher gestaltet. Ich finde es immer noch gewöhnungsbedürftig, dass die Leute nicht anfangen zu lachen oder mir einen Vogel zeigen, wenn ich ihnen sage, was ich gerne alles hätte. Nein, sie sorgen dafür, dass ich es bekomme. Mann! Mal sehen ob ich es schaffe, Kallyria mit dem zweiten Bett aus dem Konzept zu bringen. Und dazu, doch mal länger zu bleiben, als der offensichtliche Spaß dauert. Ich frage mich, ob sie mich absichtlich im Lüftungsschacht beschäftigt hat, damit ihre Schwester quasi über uns stolpern muss … Es wäre Blödsinn zu behaupten, ich würde die beiden bereits komplett verstehen. Geschweige denn, wie sie die Sache mit mir sehen, Aber ich mache Fortschritte. Gerade bei Kallyria muss man echt hart im Nehmen sein, wenn sie schlechte Laune hat. Hätte Roland doch fast die Sicherheit mein Quartier stürmen lassen, weil er Kampfgeräusche gehört hätte … Ich hab doch gesagt es ist alles ok! Nur weil wir uns ein bisschen durch die Gegend werfen … Die Frau ist wirklich ein Orkan. Aber damit wird ein Trémaly wie ich schon fertig! Bin Roland trotzdem dankbar, dass er die sichtbaren blauen Flecke verarztet hat. Ich hätte keine Lust auf Erklärungen gehabt.

Allerdings ging mir dann doch der Hintern auf Grundeis, als ich eine offizielle Einladung des Legaten höchstpersönlich bekam. Zu einem Abendessen! Oh weia. Hatte er herausgefunden, dass ich was mit den beiden Mädels am Laufen habe und möchte mir auf eine höfliche Art und Weise mitteilen, was er mit gewissen Körperteilen anstellt, sollte ich sie nicht bei mir behalten? Oder weiß er, dass wir über ein paar ihrer Geheimnisse Bescheid wissen? Dass sie eigene Pläne haben, die eventuell mit den offiziellen Plänen kollidieren könnten? Ich war mir zwar fast sicher, dass er nicht vorhatte, mich bei einem Abendessen so offensichtlich aus dem Weg zu räumen – aber man weiß ja nie. Er empfing mich in seinen privaten Quartieren. Er schien sogar das Essen selbst zu bereitet zu haben. Ich gebe zu, dass meine Gedanken kurz zu Giftmorden schweiften, aber dann verwarf ich diese Vorstellung. Nach ein bisschen Small Talk kam er zum Punkt. Es ging um den Alien-Planeten. Ja, er wusste, dass ich informiert worden war. Nein, das war für ihn wohl kein Grund, mich zum Schweigen zu bringen. Er machte seinen Punkt klar: Die Spinnenreiter beschützen die Ährengarde wie es ihre Aufgabe ist. Die Ährengarde mischt sich nicht in die Belange der Spinnenreiter auf diesem Asteroiden. Ich hatte dabei irgendwie das Gefühl, dass sich das „Nicht-Einmischen“ nicht so ganz verwirklichen lassen wird (ich kenn doch Rolands und meine „Begabung“ zur falschen Zeit am falschen Ort… und so weiter… oder richtigen, je nachdem wie man das sehen mag), aber ich habe natürlich brav genickt. Dann kam der eigentliche Hammer. Der Legat erzählte mir tatsächlich etwas über seine Familie. Sein Bruder wäre der stärkste Psioniker in der Heimat und hätte schon als Kind Visionen gehabt. Eine davon zeigte er mir. Ich dachte zuerst er würde mich mit dem Spinnenreiter-typischen Humor auf den Arm nehmen, doch seine Miene war todernst. Auf einem alten Blatt Papier hatte eine Kinderhand mit Wachsmalkreide eine eher verstörend wirkende Szene gezeichnet. Ein Ring aus Albtraum-Wesen, in deren Zentrum zwei Gestalten abgebildet waren. Ein hochgewachsener Mensch mit einer Waffe in der Hand, auf einem riesigen Tier reitend und mit – jetzt kommts – bloßen Füßen. Dahinter ein weiterer Mensch mit einer Art Schein um sich, konzentriert und dem – jetzt kommts noch mal – Clanzeichen der Trémaly über sich. Es dauerte wohl etwas, bis ich meinen Mund wieder zugeklappt hatte. Visionen? Prophezeiungen? What the …. Das erklärte vermutlich, warum der Legat eingewilligt hatte, dass wir uns anschließen. Ich denke, er weiß noch nicht so recht, was er davon halten soll, will aber die Möglichkeit nicht abtun, dass wir ihm nützen könnten. Ach und außerdem wären Kallyria und Jura seine Enkeltöchter und ebenfalls zum Abendessen eingeladen.

Nach diesen Enthüllungen brauchte ich einen Moment, um mich zu sammeln. Da flog auch schon die Tür auf, und zwei altbekannte Spinnenreiterinnen kamen gut gelaunt in den Raum. Während ich noch überlegte, wie ich mich am besten verhalten sollte, kam Kallyria direkt auf mich zu und küsste mich. Besitzergreifend. So viel zum Thema, ob ihr Großvater davon weiß oder nicht. Der Abend wurde trotz allem noch richtig schön. Ich denke, für die beiden ist es oft auch nicht ganz leicht, dass ihr Großvater gleichzeitig ihr direkter Chef ist. Kenn ich ja von meiner Familie. Auch wenn das hier ne andere Liga ist.



Die Aufregungen hatten gerade erst angefangen. Ramona verschwand urplötzlich aus ihrem Quartier! Eine total krasse Art von Schnitzeljagd (hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich beim der Sorte Humor auf die Spinnenreiter getippt) führte uns durch die komplette Abteilung, bis wir vor einer der Rettungskapseln standen. Sie war definitiv noch da – doch in der Öffnung klaffte nur ein schwarzes Loch, das von keiner Lichtquelle erhellt wurde. Wer kommt natürlich als erster auf die Idee, die Hand rein zu strecken und zu tasten? Tja, das nächste was ich sehe ist ein wunderschönes Wasserfall-Panorama, an dem ich vorbei in einen See stürze. Zum Glück mit Rüstung. Dann kriege ich fast ein Seil auf dem Kopf, an dessen Ende Talon hängt. Und dann noch mehr Seil. Hallo da oben? Das funktioniert wirklich nicht, verdammt noch mal! Genauso schnell stellte sich heraus, dass Waffen und Rüstungen quasi sofort ihre Energie verloren. Puh. Back to the roots, dachte ich mir nur, als ich das Messer zückte. Ein großer Platscher kündigte Roland an. Zu dritt haben wir diese echt seltsame Welt (so verdammt viel Natur) mit der vagen Hoffung, Ramona zu finden und mit ihr zurück aufs Schiff zu kommen. Was ich ja ziemlich cool fand, war die Fahrt auf den Strandbuggys durch die Wüste während hinter uns der Sandsturm tobt. Wow! Ja ok, wir waren auf einer ernsten Mission, schon klar. Glücklicherweise fanden wir nach eine schlafende Ramona. Nackt auf einem Opferaltar inmitten blutrünstiger Tox (wie unrealistisch!) Dieses Detail hat Roland hoffentlich weggelassen, als er sie später auf den neuesten Stand brachte …

Die nächste beunruhigende Begegnung fand in Echtzeit statt. Ein Notruf eines im Chaos gestrandeten Schiffes, das angeblich Tox von oder nach Hinterwald transportieren sollte. Da fällt es schwer, an Zufälle zu glauben! Deswegen waren Roland und ich auch beim Außenteam mit dabei. Überraschenderweise auch Achmed und Ali! Wie schaffen die es nur, sich innerhalb von 15 Minuten von zwei Volltrunkenen in effektive Kampfmaschinen zu verwandeln? Ich war auf alles Mögliche gefasst. Als die Sichtung des ersten Brahims durchs System ging, musste ich schlucken. Man hört ja viel von diesen Killer-Aliens. Zu meiner Überraschung wurden meine Leute und ich sowas von gut mit den Angreifern fertig, dass es mir schon seltsam vorkam. Ich meine, sie sind inzwischen zwar echt gut ausgebildet, aber ein Brahim sollte doch mehr drauf haben, oder? Das vage Gefühl dass hier nicht alles mit rechten Dingen zuging, wurde am Ende unseres Einsatzes bestätigt. Modifizierte Tox, die die Brahim ausspionieren sollten! Eine Mischung aus Bösartigkeit und Genialität! Ganz ehrlich, wenn ich nicht Roland und Sandrose kennen würde und wüsste, dass seine Mutter vielleicht auch seine Freunde geopfert hat, hätte ich das Ganze wohl eher anderes gesehen. Endlich die Möglichkeit mehr Informationen zu sammeln. Wenige opfern zum Wohle des Ganzen. Verführerisch. Egal. Sollte sich Roland wirklich eines Tages auf den Weg nach Hinterwald machen, um seine Eltern zur Rechenschaft zu ziehen, kann er auf meine Unterstützung zählen! Bis auf die neuen Erkenntnisse lief der Außeneinsatz echt gut. Ich bin stolz auf meine Leute, sogar stolz auf meine Chefs, die ihr Können so selten zeigen. Und zufrieden mit mir. Langsam scheine ich in die Rüstung „hineinzuwachsen“. Ich fühle mich wohl dabei, Leute anzuführen, Missionen anzugehen und zu kämpfen. Verantwortlich zu sein.

Beinahe hätte mich mein Verantwortungsgefühl das Leben gekostet. Wie viel geistige Gesundheit drauf gegangen ist, kann ich nicht sagen. Denn das Chaos war noch lange nicht fertig mit uns … Das Schiff stoppte. Auf den Monitoren sah es so aus, als hätte uns eine riesige Faust im Griff. Dann fing sie an uns zu schütteln. Und hörte nicht mehr auf damit. Wir mussten die ersten Quartiere evakuieren, weil die Hülle Risse bekam. Als die Schwester mit mir unter vier Augen sprechen wollte, befürchtete ich einen Moment, sie würde dafür plädieren, Ramona dem Chaos auszuliefern. Immerhin ist sie eine der wenigen Menschen, die weiß, dass die Dämonen hinter ihr her sind. Das Opfer weniger zum Wohle … und so weiter. Ich müsste sie langsam besser kennen. Sie hatte einen anderen Plan. Selbstmörderisch, riskant und vermutlich unsere einzige Chance, das Schiff zu retten. Drei Psioniker, die das tun was man nie tun sollte: das Chaos direkt angreifen! Ein Esper, der die Verbindung ins Chaos öffnet, ein Telepath, der den Esper mit der Schwester verbindet, die all ihre pyrokinetische Kraft durch beide jagen wird – mitten in die Faust des Chaos. Ich habe nicht sonderlich lange überlegt und mich gleich daran gemacht, Kallyria anzurufen. Ich wollte gar nicht genauer über die möglichen Konsequenzen nachdenken, sonst hätte ich vielleicht einen Rückzieher gemacht und darauf gehofft, dass sich die Faust alles anders überlegt. Erwin versuchte, mich davon zu überzeugen, Bridget zu schicken. Doch das konnte ich nicht. Nicht nach dem, was ich bereits von ihr verlangt hatte. Bevor wir uns dann zu dritt im Raum der Schwester einfanden, blieb gerade noch Zeit, Roland zu umarmen. Mein erster Esp-Versuch scheiterte grandios. Mein Gehirn realisierte wohl, dass ich tatsächlich dabei war, dem schrecklichsten ins Gesicht zu sehen, dass ich mir nur vorstellen konnte und dabei auch noch laut „Hier bin ich!“ zu schreien. Kallyria hatte ihre eigene Art, die Spannung rauszunehmen. Ein langer Kuss sorgte dafür, dass ich all meinen Mut zusammen nahm und mit meiner Gabe die Tür hinaus öffnete. Direkt hinein ins abgrundtief Böse. Mitten hinein ins Nichts. Ins Nichts, dass alles was existiert vernichten will. Zwei Konzepte, die nicht miteinander existieren können. Das Schlimmste waren die Schmerzen – all der Schmerz im Universum. Ich sah ihn. Ich spürte ihn. So viel Schreckliches. Diese Erfahrung ist nicht für Menschen gemacht. Niemand sollte sie machen. Wenn der Schmerzverstärker schlimm war, dann ist das hier nicht zu beschreiben. Ich glaube, das kann man nur ertragen, wenn man ein Gott ist. Aber vielleicht zieht selbst der Eine es vor, diesem nicht zu genau ins Gesicht zu blicken. Dann spürte ich das Feuer der Schwester, das sich brüllend einen Weg durch mein Gehirn bahnte. Ich spürte, wie mein Herz aufhörte zu schlagen, spürte Kallyrias Qualen genauso wie meine eigenen. Das Feuer ergoss sich ins Chaos und …. . Ein winzig kleiner Funken aus Glaube, Entschlossenheit und Hoffnung. Er war so klein … In diesem Moment habe ich verstanden, dass ich es nicht überleben werde. Egal was ich mir vorher eingeredet hatte. Wie könnte ich auch. Beinah ungläubig sah ich ein Zucken durch die Faust gehen. Das Schiff wand sich. Es gewann Raum! Es schüttelte sich freier! Konnte es sein, dass …?

Ich war tot. Netterweise war ich nicht alleine. Kallyria war immer noch da. Ich hatte mir das irgendwie anders vorgestellt. Aber ich wollte mich nicht beschweren. Doch dann war sie plötzlich weg und bei mir wurde alles dunkel.

Wir haben überlebt. Alle drei. Ich war so froh, dass Jura nicht ihre Schwester und einen Freund gleichzeitig verloren hat. Keine Ahnung, aber diesen Gedanken fand ich furchtbar tröstlich. Die Auswirkungen dieses Horror-Trips kann ich noch nicht abschätzen. Ich scheine mir auf alle Fälle eine Art zweite psionische Gabe eingefangen zu haben. Dinge in meiner Reichweite verschwinden und tauchen in meiner Hand wieder auf. Könnte nützlich sein! Oh Mann ich bin am Leben! Und wir konnten das Chaos verlassen. Endlich ist das Ziel in Reichweite. Dem Einen sei Dank!



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